Die Distel

Da steht sie rum - am Wegesrand,
von allen Leuten arg verkannt,
da drüben steht das große Haus
im Garten sieht es freundlich aus,
da wachsen Bäume, Büsche, Rosen,
an der Ecke blüh’n Mimosen.
Viel hätt sie getan, dabei zu sein,
doch niemand ließ sie dort hinein.
Manchmal gab's ein Distelkind,
dass getragen durch den Wind,
wuchs bei den Narzissen,
doch es wurde ausgerissen.
Dann blutete ihr Herz,
sie seufzte arg in ihrem Schmerz.
Erinnert sie sich doch daran,
wie Schottland sie ins Wappen nahm
sie, die man doch stets geschmäht,
sie, die niemals ausgesät.

 

Nicht mal ein Kind, das Blumen pflückt,
hat nach ihr sich je  gebückt.
Sie steht da stumm im Stachelkleid
und tut sich meistens selber leid.
Selbst die kleine Gänseblume
gelangte meist zu größ'rem Ruhme.
Nur die Nesseln ihr Freundschaft gaben,
denn auch sie will keiner haben.
Ach, würde sie nicht hier stehen,
müsste sie nicht in den Garten sehen.
Der Anblick macht ihr stets gewiss,
dass sie doch nur ein Unkraut ist.
Gar manche Träne aus dem Auge rinnt
und in den Staub am Boden sinkt.
Allein die Nessel  ist ihr dann gut,
gibt ihr Trost und neuen Mut.
Sie lag in ihrem Arm -  selbstvergessen,
da kam ein Esel und hat sie gefressen.