Lebensjahre

Unser Herr Gott hat fleißig nachgedacht
und eine Liste von jedem gemacht.
Dann hieß er den Affen zu sich kommen
und sprach : „Du hast 30 Jahre bekommen“.
„Ach Herr“, sagt dieser, „das ist nicht gerecht,
auf Erden ist’s arm und es geht uns da schlecht.“
„Ich schenke Dir 15“ sprach der Herr,
der Aff’ war zufrieden und dankte ihm sehr.

Dann rief der Herr den Hund herein
und sprach: „Dir sollen 30 Jahre sein.“
„Ach nein“, sprach der Hund, „das ist zu viel,
die Menschen treiben ein böses Spiel,
bin ich zu alt für meine Pflicht,
dann duldet man mich länger nicht.“
„Gut“, sprach der Herr, „ich schenk Dir 20“.
Der Hund der geht und er bedankt sich.

Nachdenklich sieht der Herr das Pferd
und fragt: „Ist Dir das Leben 30 wert?“
„Oh lieber Herr“, so sprach das Tier,
„erlasse ein paar Jahre mir.
Ich kenn nur Mühe, weiß von den Plagen,
muss stets nur schwere Lasten tragen.“
„So sei Dein Leben 20 Jahre lang“,
sprach der Herr zum Pferd sodann.

Die Tiere gingen zufrieden heim,
denn keiner wollte älter sein.

 

Drauf ging der Herr zum Menschen hin,
und fragte ihn nach seinem Sinn.
„Was, 30 Jahre nur“, sprach der,
„ach guter Gott, gib mir doch mehr“.
„So sollst Du die 15 des Affen haben,
und Dich dran freuen, ergötzen und laben.“
So sprach der Herr in seiner Gnade,
doch dem Menschen war das zu fade.
„Wenn ich den Lohn meiner Arbeit will erben,
nein, dann will ich noch nicht sterben.“
So schenkt ihm der Herr, wenn er auch leise grollte,
die 20 Jahre, die der Hund nicht wollte.
„Oh nein“, rief der Mensch, „das ist nicht genug,
du lieber Gott, das ist ja Betrug.
Gerade soll ich Rente bekommen,
da wird mir das schöne Leben genommen.“
Der Herr schon leicht böse und ziemlich gekränkt,
macht ihm noch die Jahre des Pferds zum Geschenk.
„Ach,“ murrt der Mensch, „es hat keinen Sinn,
ich geh noch immer zu früh dahin.“

Da geht nun der Herr nach Hause zurück
und wünscht dem armen Menschen viel Glück.
Dieser verzieht ganz arg sein Gesicht,
denn zufrieden ist er noch lange nicht.